Nein heißt Nein

Nein heißt Nein

Sicherheit für Frauen in allen Lebenslagen – scheinbar doch nicht so wichtig, man(n) ist ja zum Glück selbst keine Frau.

Derzeit ist Marco Buschmann, mein Namensvetter, für eine politische Handlung besonders stark in den Medien vertreten. Er hat Post von über 100 namenhaften Frauen aus Politik, Kultur und Wirtschaft bekommen,[1] initiiert von Kristina Lunz, Mitgründerin und Co-Geschäftsführerin vom Centre for Feminist Foreign Policy – und er hat sich dagegen entschieden, diesen Frauen zuzuhören.

So eingeübt, so millionenfach geschehen, in unserer westlichen Hemisphäre, – einer Welt, die von Männern für Männer gemacht ist und die dazu tendiert, die Hälfte der Bevölkerung zu ignorieren.[2] Dass Frauen in vielen Bereichen nicht sichtbar sind, keine Stimme haben oder mindestens unterrepräsentiert sind, ist inzwischen zum Glück heiß diskutiert und kommt langsam in Politik und Gesellschaft an. In der Arbeitswelt allerdings mehr als im Privaten – etwa durch die Frauenquote und zahlreiche Publikationen rund um Frauen in Führung.

Doch was ist schon privat? Wie oft vermischt sich Arbeitsleben und Privatleben? Sehr oft, eigentlich doch immer, wenn Menschen aufeinandertreffen, in unterschiedlichen Konstellationen miteinander arbeiten und voneinander abhängig sind. Letzteres in den allermeisten Fällen noch in traditioneller Weise: Frauen sind oft (finanziell) von Männern abhängig.

Zurück also zum Fall „Nein heißt Nein“:

Im Jahr 2022 präsentierte die EU-Kommission einen Entwurf für eine Richtlinie, die es so zuvor niemals gab und die Frauen einen besseren Schutz vor männlicher Gewalt bieten soll.

„Die Situation verlangt es, denn sie ist tragisch: Jeden Tag werden zwischen 6 und 7 Frauen in Europa von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Das sind 2.300 tote Frauen jedes Jahr – und das ist nur die offizielle Schätzung der UN. Jedes Jahr werden ca. 1,5 Millionen Frauen laut einer Schätzung auf Basis von EU-Daten vergewaltigt. Im Schnitt hat in der EU schon jede zweite Frau sexuelle Belästigung und jede dritte Frau sexualisierte oder körperliche Gewalt erfahren.“[3]

https://centreforfeministforeignpolicy.org/2024/01/29/dringender-offener-brief-an-justizminister-buschmann/

In Deutschland gilt seit der Änderung des Sexualstrafrechts im Jahr 2016[4] bereits ein „Nein heißt Nein“. Doch nun hat das deutsche Justizministerium unter dem FDP-Politiker Marco Buschmann die geplante EU-weite Richtlinie zum Gewaltschutz blockiert und somit (neben Frankreich und Ungarn) ein Übereinkommen verhindert, das bei der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen helfen soll: Zum Beispiel, indem es vorgibt, welche Standards bei Gericht und der Polizei gelten sollen, aber etwa auch, wie viele Frauenhausplätze benötigt werden.[5]

„Solange die EU-Richtlinie aber nicht unterschrieben wird, bleibt die Lage für Frauen in 14 EU-Ländern eher problematisch. In diesen Ländern, vor allem in Osteuropa, müssen Frauen nämlich noch nachweisen, dass es zu konkreter Gewalt oder Androhung von Gewalt kam, damit man von Vergewaltigung sprechen kann. In der Praxis, d.h. vor Gericht, ist das in vielen Fällen schwierig.“[6]

https://www.brisant.de/stars/offener-brief-gewalt-frauen-104.html

In einem Beitrag über Demokratie, Menschenrechte und was es bedeutet, einen Migrationshintergrund zu haben, schrieb Annahita Esmailzadeh, Head of Customer Success Account Management bei Microsoft, einen Satz, der sich an dieser Stelle bestens übertragen lässt: „Nicht politisch zu sein, ist ein Privileg. Es ist das Privileg der Unbetroffenheit.“ Und Jule Jankowski, Host des Podcast „Good Work“ antwortete: „Ich würde sogar noch weitergehen: die wahre Dekadenz besteht darin, die Privilegien einer Demokratie bei vollem politischem Desinteresse genießen zu wollen.“[7]

Es ist das Privileg der (vermeintlichen) Unbetroffenheit, dass Politiker so handeln lässt, wie es Herr Buschmann getan hat.

Immerhin: In anderen Punkten könnten sich die EU-Institutionen dagegen einig werden. Mit dem Gewaltschutzgesetz soll etwa das Verstümmeln weiblicher Genitalien in ganz Europa zur Straftat werden – was es bemerkenswerterweise heute, Anfang 2024, noch nicht ist! Zudem sollen das Stalking und Mobbing im Internet EU-weit unter Strafe gestellt werden. Das Gleiche gilt für das böswillige Weiterverbreiten intimer Aufnahmen.


Lara Buschmann

Lara Buschmann
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